Labor Elektrische Antriebe und Leistungselektronik

Elektrische Antriebe und Leistungselektronik

Profil und Zielsetzung

Im Labor für elek­tri­sche An­trie­be und Leis­tungs­elek­tro­nik wer­den den Elektrotechnik- und Mechatronik-Stu­die­ren­den des 6. Semesters in La­bor­übun­gen prak­ti­sche Ein­bli­cke in das Be­triebs­ver­hal­ten von elek­tri­schen Ma­schi­nen und Strom­rich­tern ver­mit­telt. Die Studierenden machen in Gruppenarbeiten erste Erfahrungen mit Gleichstrom-, Asynchron- und Synchronmaschinen sowie mit leistungselektronischen Schaltungen. Au­ßer­dem wird das Zu­sam­men­spiel der ein­zel­nen An­triebs­kom­po­nen­ten mit­ein­an­der sowie mit über­ge­ord­ne­ten Steu­er- und Re­ge­l­ein­rich­tun­gen un­ter­sucht. Studierende des Bachelor-Studiengangs „Nachhaltige Energiesysteme“ machen im Labor im 4. Semester erste Erfahrungen mit leistungselektronischen Stellgliedern. Für Studierende des Master-Studiengangs „Elektrotechnik und Informationstechnik“ findet ab dem Wintersemester 2024/25 das Labor „Regelung elektrischer Antriebe“ statt, in dem die Teilnehmer praktische Erfahrungen mit hochdynamischen, feldorientiert betriebenen Drehstrom­antrieben sammeln, wie sie. u. a. bei Traktions-, Aufzug-, Förder- und Werkzeugmaschinenantrieben sowie in Prüfstandsapplikationen eingesetzt werden.

Dar­über hin­aus wer­den stän­dig for­schungs­na­he Pro­jek­te durch­ge­führt, an denen Stu­die­ren­de u.a. im Rah­men von Ba­che­lor- und Mas­ter-Ab­schluss­ar­bei­ten mit­wir­ken kön­nen. Diese befassen sich häufig mit aktuellen Herausforderungen aus der Industrie. Im Vordergrund steht dabei die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Regel- und Steueralgorithmen für Drehstromantriebe und für Wechselrichter zur Netzein- und -rückspeisung. Aber auch zu ganz grundsätzlichen wissenschaftlichen Fragestellungen in der Antriebstechnik, insbesondere aus dem Bereich der Antriebsregelung, werden Lösungen gesucht.

Durch die Teil­nah­me an den La­bor­übun­gen und die Be­schäf­ti­gung mit kon­kre­ten Pro­jekt­auf­ga­ben im Be­reich der elek­tri­schen An­triebs­tech­nik sol­len die Stu­die­ren­den der Bachelor-Studiengänge EI, MKA und NES mit den Varianten EI-plus und MK-plus sowie die Studierenden des Master-Studiengangs EIM be­fä­higt wer­den, ihre in ver­schie­de­nen Vor­le­sun­gen zu die­sem Thema er­lang­ten Grund­kennt­nis­se zu fes­ti­gen und zu er­wei­tern. Sie sol­len da­durch in die Lage ver­setzt wer­den, bei ent­spre­chen­der Nei­gung nach dem Stu­di­um im Um­feld der elek­tri­schen An­triebs­tech­nik be­ruf­lich tätig zu wer­den bzw. sich bei Auf­nah­me eines Mas­ter-Stu­di­ums wei­ter in die An­triebs­the­ma­tik zu ver­tie­fen.

Die Erfolgsgeschichte des Labors

Angefangen haben die Bestrebungen, aktiv Akzente im genannten Forschungsbereich zu setzen, durch die Entwicklung einer laboreigenen Reglerplatine im Jahr 2005. Im Rahmen von Studien- und Diplomarbeiten wurde damals eine Plattform geschaffen, um eigene Regelalgorithmen für elektrische Antriebe entwickeln und testen zu können. Inzwischen liegt die vierte Generation dieses Reglerboards vor. Mit dem dort eingesetzten sehr leistungsfähigen digitalen Signalprozessor lassen sich komplexe Strom-, Drehzahl-, Lage- und Lagedifferenzregelalgorithmen sowie Steuerungs­aufgaben in sehr kurzer Zeit und synchron zur verwendeten Pulsweitenmodulation abarbeiten. Die Weiterentwicklung dieses Reglerboards für einen Industriepartner mit dem Ziel noch kürzerer Reaktionszeiten befindet sich derzeit in der Konzeptionsphase.

Leistungsteile, die für die Umsetzung der auf der Reglerplatine berechneten Stellgrößen in Spannungen benötigt werden und die hinreichend große Ströme zur Verfügung stellen, werden in der Regel zugekauft und durch sogenannte Interface-Platinen an die laboreigene Reglerhardware angepasst. Auf der Interface-Platine finden neben Pegelanpassungen auch hardwarebasierte Strom- und Spannungsüberwachungen sowie ein elementares Fehlermanagement statt. Im Labor wurden aber auch schon eigene Wechselrichter mit maximalen Ausgangsströmen von 250 A entwickelt, die z. B. in kommunalen Spezialfahrzeugen mit Hybridantrieben zum Einsatz kommen und dort den Elektromotor speisen.

Neben dem Hybridfahrzeugprojekt, das mit einem Motoren- und einem Nutzfahrzeughersteller aus dem Schwarzwald durchgeführt wurde, entwickelten die Teammitglieder u. a. Motorenemulatoren für die Formel 1, Regelstrategien für Photovoltaik-Wechselrichter, eine Echtzeit-Verbrennungsmotor­simulation mittels eines Drehstromantriebs sowie kundenspezifische Reglerhard- und -software.

Internationale Zusammenarbeit

Auch international sind die Labormitarbeiter tätig. Bei einem zurzeit bearbeiteten Projekt kommt der Kooperationspartner aus Taiwan. Für ihn wurde ein kundenspezifisches Reglerboard inklusive Erweiterungssteckkarten zur Drehgeber- und Stromerfassung sowie die dazu gehörende Software entwickelt. Zur Integration des Reglerboards für Frequenzumrichter des Kunden sowie zum Know-How-Transfer wurde eigens ein Mitarbeiter des Laborteams für ein Dreivierteljahr zu einer Niederlassung des Partners in Australien entsandt.

Aktuelle Projekte

Aktuell wird neben der Weiterentwicklung der Software für die langjährigen Kooperationspartner noch ein Projekt aus der Automobilprüfstandstechnik bearbeitet. Dort geht es darum, unter Ausnutzung aller vorhandenen Freiheitsgrade eine sehr hochdynamische Drehmoment- und Drehzahleinprägung für Prüfstandsmotoren zu erzielen und die zu entwickelnden Lösungen in ein übergeordnetes, zum Teil Web-basiertes HIL-System zur Gesamtfahrzeugsimulation einzubetten. Zum Einsatz kommen hier FPGAs (Field Programmable Gate Arrays), mit denen die Rechenzeiten für die Regelalgorithmen noch weiter verkürzt werden können und auf denen bereits in anderen Projekten bewährte Zustandsregelverfahren implementiert und weiterentwickelt werden sollen.

Motorprüfstände des Labors

Erprobt werden können die entwickelten Steuer- und Regelverfahren im Labor an einer Vielzahl von Motorenprüfständen unterschiedlicher Leistungsklassen. Der leistungsstärkste ist ein aus einer Asynchronmaschine mit einer Nennleistung von 81 kW und einer permanentmagneterregten Synchronmaschine mit einer Nennleistung von 67 kW bestehender Back-to-back-Prüfstand. Er zeichnet sich dadurch aus, dass im stationären Betrieb nur die Verlustleistung aus dem Netz bezogen werden muss. Der wesentliche Teil der motorisch bzw. generatorisch von den jeweiligen Maschinen aufgebrachten Leistung fließt über die sie speisenden Wechselrichter, die miteinander über einen gemeinsamen Zwischenkreis verbunden sind, innerhalb des Prüfstands energieeffizient im Kreis.

Ausstattung

  • ein höhenverstellbarer Asynchron-/Synchronmotorenprüfstand (Nennleistung PNenn = 81 kW bzw. 67 kW, Nenndrehzahl nNenn = 2900 min-1) mit Drehmomentmesswelle (Messbereich bis 500 Nm)
  • acht kombinierbare Gleichstrom-/ Asynchron-/ Synchronmotorenprüfstände (maximal verfügbare Nennleistung PNenn = 15 kW, Maximaldrehzahl nmax = 2000 min-1)
  • ein Asynchronmotorenprüfstand (2 ´PNenn = 5,5 kW, nmax = 3000 min-1) mit Drehmomentmesswelle (Messbereich bis 200 Nm)
  • zwei Synchronmotorenprüfstände (MNenn = 3,2 Nm bzw. 2,6 Nm, nmax = 6000 min-1) mit Drehmomentmesswelle (Messbereich bis 15 Nm bzw. 10 Nm)
  • zwei Linearantriebe
  • zwei Linearachsen (MNenn = 3 Nm bzw. 1,1 Nm, nmax = 6000 min-1)
  • ein funkferngesteuertes Modell eines Vierseilgreiferkrans, über Getriebe angetrieben mit zwei frequenzumrichtergespeisten Asynchronmotoren
  • zahlreiche Einzelmotoren und Stromrichter bis zu einer Nennleistung von 11 kW
  • zahlreiche Messgeräte zur Strom-, Spannungs-, Leistungs- und Drehzahlerfassung sowie zur Geräusch- und Vibrationsermittlung

Praktika und Übungen im Bereich der Bachelor-Studiengänge

  • Messtechnische Ermittlung von Betriebskennlinien, Verlusten und Wirkungsgraden von fremderregten Gleichstrommaschinen
  • Ansteuerung und Betriebsverhalten von Wechselstrom- und Drehstromstellern sowie von netzgeführten und selbstgeführten Stromrichtern
  • Messtechnische Ermittlung von Betriebskennlinien, Verlusten und Wirkungsgraden von Asynchronmaschinen
  • Drehzahlsteuerung von stromrichtergespeisten Gleichstrommaschinen
  • Drehzahlsteuerung von stromrichtergespeisten Asynchronmaschinen
  • Ansteuerung und Betriebsverhalten von stromrichtergespeisten Synchronantrieben
  • Raumzeigerbetrachtungen am Synchronantrieb

Praktika und Übungen im Master-Studiengang EIM

  • Hochdynamische Strom-, Drehzahl- und Lageregelung von Asynchronantrieben
  • Hochdynamische Strom-, Drehzahl- und Lageregelung von Synchronantrieben
  • Stabilisierung eines inversen Pendels
  • Feldschwächung bei hochdynamischen Drehstromantrieben

Erschienene Bücher